Grossglocknerkapelle Kals 1963

Gutachten zur Grossglocknerkapelle Kals

  
Die Großglocknerkapelle Kals genießt aufgrund ihrer Einzigartigkeit im ganzen Land große Anerkennung. Sie wurde und wird immer wieder zu sehr interessanten Veranstaltungen eingeladen, wie etwa  zur Veranstaltung "VOLKSMUSIK IM GESPRÄCH".
         

GUTACHTEN

Im Jahr 1996 wurde von Professor Heinrich Gattermeyer (von 1992 bis 2001 Präsident des österreichischen Komponistenbundes) folgendes Gutachten über die musikalisch – interpretatorischen Fähigkeiten der Großglocknerkapelle Kals erstellt:

Die Großglocknerkapelle Kals wurde vor 46 Jahren zunächst als Trio gegründet. Sie musizierten anfänglich vorwiegend auf Hochzeiten und Bällen. Ihre ursprüngliche Art des Musizierens brachte ihnen bald, inzwischen zum Sextett aufgestockt, Einladungen nach Südtirol, Deutschland Holland, Belgien, ja sogar Amerika.

Sie halten bis heute an dem traditionellen Klangbild fest und verwenden keine elektronischen Instrumente, die ja in der echten Volksmusik verpönt sind. Sie spielen vorwiegend eigene Musiknummern, die in ihrer musikalischen Erscheinungsform der gewachsenen "Volksmusik" häufig nahe stehen. In ihrem Festhalten an der überlieferten Tradition manifestieren sie die typische Art des schöpferischen-nachschöpferischen "Volksmusikanten".

Nach Abhören ihrer Tonträger und Einsichtnahme in ihre Noten konnte ich mir von der schöpferischen und interpretatorischen Qualität folgendes Bild machen: Die Musikgruppe "Großglocknerkapelle Kals" ist in ihren Eigenschöpfungen durchaus originell, bei einem gesunden Bezug zur gewachsenen Volksmusik vergangener Zeiten. Ihre Darbietungen sind technisch musikalisch perfekt und zeigen besonderes Gefühl für Zusammenspiel (Homogenität) und Gesang. Die Vielseitigkeit ihres instrumentalen Einsatzes zeigt eine gesunde ursprüngliche Musikalität.

Im selben Jahr wurde vom Institut für Musikalische Volkskunde der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst "Mozarteum Salzburg" von Prof. Dr. Josef Sulz und Univ. Prof. Dr. Thomas Nußbaumer folgendes Gutachten erstellt:

Die Großglocknerkapelle Kals zählt neben den "Fidelen Inntalern" und der "Mitterhögler Hausmusik" zu den letzten traditionsreichen Tanzmusikkapellen Tirols. Die sechs Gruppenmitglieder entstammen einer für Kals in Osttirol typischen Tanzmusiktradition, die seit 1946 ganz wesentlich von der Großglocknerkapelle Kals getragen und weiterentwickelt wurde.
Ein Markenzeichen des Sextetts, das mit Klarinetten, Trompeten, Flügelhorn, Tenorhorn, Posaune, Baß, Gitarre, Harfe und anderen Volksmusikinstrumenten musiziert, ist seine ganz eigenständige
Annäherung an die Tiroler Blasmusiktradition, gekennzeichnet von der Absicht, in Kleinbesetzung wohl den vollen Klang der großen Blasmusik zu erreichen, dennoch (aufgrund der Kleinbesetzung) filigranere Wirkungen in Rhythmus und Phrasierung zu erzielen als eine grossbesetzte Kapelle.

Die "Großglocknerkapelle Kals" greift – was die instrumentalen Nummern anbelangt – durchwegs auf alpenländische Volkstanztypen wie Ländler, Bayrischer, Walzer, Polka und Marsch zurück, die zum Teil selbst komponiert wurden oder auf überlieferten Weisen beruhen (z. B. "Kalser Bayrischer"). Obwohl das Ensemble als echter Traditionsträger zu bezeichnen ist, werden in seinen Interpretationen – im Rahmen Volksmusikalischer Tradition – durchaus innovative Elemente spürbar.
Abgesehen von seiner spezifischen Adaption blasmusikalischer Traditionen werden auch in der Tiroler Volksmusik allgemein beliebte und oft gespielte Stücke durchaus eigenständig interpretiert, was Besetzung, Tempo und Phrasierung anbelangt.

Die für viele Gruppen vorbildhaften Kompositionen Sepp Huters stehen derart in der volksmusikalischen Tradition, dass sie selbst wieder als Volksmusik zu bezeichnen sind.
Was die Großglocknerkapelle Kals von Gruppen der volkstümlichen Szene unterscheidet, ist, neben der Verwendung traditioneller Formen und Besetzung (siehe Instrumentarium), der Verzicht auf vordergründige Stilmischungen und – Anleihen sowie auf das Überstrapazieren alpenländischer Klischees.

Zur Bewertung der Qualität des musikalischen Vortrages:

Die Bewertung musikalischer Vorträge ist nicht vom vorgetragenen Repertoire zu trennen. Der Vortrag volksmusikalischer Stücke ist im Vergleich zur Interpretation anspruchsvoller Kunstmusik etwa der klassischen Literatur relativ einfach zu bewältigen, im Gegensatz zu dieser aber mit anderen Kriterien zu bewerten. Abgesehen davon, dass die Großglocknerkapelle Kals über ausgezeichnete,rein intonierende und rhythmisch perfekte Bläser verfügt, merkt man ihrer von musikantischem Witz und unbekümmertem Umgang mit alpenländischen Musizierformen geprägten Spielweise die Herkunft aus volksmusikalischer Tradition an (Rhythmik, Phrasierungen). Die instrumentaltechnisch souveräne Bewältigung des vorliegenden Repertoires ist zwar, wie wir auch in anderen Gutachten immer wieder betonen, von geringer Aussagekraft hinsichtlich der Frage, inwieweit diese Art der musikalischen Tätigkeit als „künstlerisch“ zu bewerten ist. Die ausgesprochenen volksmusikantische und traditionelle Spielweise der Großglocknerkapelle Kals ist jedoch im Zusammenhang mit dem Grad der Authentizität, der die künstlerische Schaffenshöhe volksmusikalischer Produkte bestimmt, von Aussagekraft.

Zusammenfassung:

Die musikalische Tätigkeit der begutachteten Gruppe erreicht auf Grund ihres kreativen Umganges mit Formen und Gattungen traditioneller Volksmusik und als Träger einer ungebrochenen Tanzmusiktradition den durch das oben beschriebene Kunstverständnis vorgegebenen Qualitätsstandard.

Die Grossglocknerkapelle Kals musiziert weiterhin sehr erfolgreich, jetzt unter der Leitung von Sepp Huter´s Neffen Toni Huter.